Einblicke, wie magnetische Bakterien die Forschung an medizinischen Nanorobotern steuern könnten Understand article

Über die fünf Sinne hinaus können manche Bakterien magnetische Felder wahrnehmen. Lerne, wie sie das machen und wie uns diese Fähigkeit bei der Entwicklung von Nanorobotern helfen könnte.

Beispiel eines magnetotaktischen
Bakteriums.Das Magnetosom
ist in orange dargestellt.

VerschiedeneCC BY-SA 3.0 

Magnetotaktische Bakterien (MTB) sind weit verbreitete aquatische Mikroorganismen, die die Fähigkeit besitzen sich in magnetischen Feldern zu orientieren. MTB üben ihre magnetische Navigation mit Hilfe von Magnetosomen aus, die aus in Membran-eingeschlossenen magnetischen Nanopartikeln bestehen, die MTB auf natürlich Weise biomineralisieren. Diese Nanopartikel sind in einer Kette angeordnet, die wie ein magnetischer Kompass funktioniert, so dass sich die Bakterien anhand des magnetischen Erdfelds in chemischen und redoxgeschichteten Sedimenten und Wassersäulen bewegen können, um ihre Nährstoffbedürfnisse zu erfüllen. Dieses ungewöhnliche Verhalten macht sie interessant für uns, wenn es darum geht unser Verständis für Biomagnetismus zu verbessern und möglicherweise ihre Fähigkeiten für zukünftige Technologien, wie medizinische Nanoroboter zu nutzen.

Eine internationale Kollaboration von Forschern der Universität Baskenland, Universität Cantabria und des Instituts Laue Langevin (ILL) forschte an der präzisen Anordnung und Geometrie der Magnetosomen im MTB-Stamm Magnetospirillum gryphiswaldense. Neutronenkleinwin kelstreuung (Small angle neutron scattering, SANS) wurde mithilfe eines Geräts ausgeführt, welches einen polarisierten Neutronenstrahl generiert, was den Forschern erlaubte  sowohl die strukturellen Komponenten als auch die magnetische Anordnung zu untersuchen– vermulich weil die Neutronen mit beiden interagieren. Magnetosomen und magnetotaktische Bakterien sind großartige Kandidaten für viele Anwendungen von der biomedizinischen Diagnostik bis hin zur Krebsbehandlung durch Hyperthermie. Die Bestimmung des Aufbaus der Magnetosomenkette ist für alle zukünftigen Anwendungen von höchster Bedeutung jedoch ist er schwierig direkt zu untersuchen. Neutronenspin-aufgelöste (oder polarisierte) Neutronenkleinwinkelstreuung ist eine der wenigen Methoden, mit welcher die Nanopartikel in einer aussagekräftigen Größenordnung untersucht werden können.

Elektronenmikroskopisches Bild eines magnetotaktischen Bakteriums. Zu sehen ist das Magnetosom, das wie eine dunkle Perlenkette im Inneren des Bakteriums aussieht. Darüber dargestellt ist ein Modell des Magnetosoms mit der helikalen Kette der magnetischen Nanopartikel (gelb). Das größere Modell zeigt die Kräfte, die die helikale Struktur des Magnetosoms vorgeben: die schwarzen Pfeile zeigen die Richtung der Kette, die weiß-gepunkteten Linien und die roten Pfeile zeigen das magnetische Moment der Partikel, der blaue Pfeil zeigt die magnetische Kraft, die auf die Partikel ausgeübt wird und die grüne Spirale zeigt die ausgleichende rückfedernde Kraft der bakteriellen Proteine.
ILL

Mithilfe von SANS haben die Forscher neue Einblicke in die Struktur der Magnetosomenkette erhalten, von der vorher bereits gezeigt wurde, dass sie gekrümmt ist. Untersuchung mit Neutronen zeigte, dass die Krümmungen die Richtung des gesamtem magnetischen Moments nicht beeinflussen, jedoch verursachen sie eine Abweichung des magnetischen Moments der einzelnen Nanopartikel um 20 Grad bezogen auf die Achse der Kette.Wenn man die Abweichung in Betracht zieht, erklärt das Zusammenspiel der magnetischen Dipol-Dipol-Wechselwirkung zwischen den Nanopartikeln zusammen mit der aktiven Anordnung der bakteriellen Proteine die Konformation der Ketten in eine helikale Anordnung: es ist ganz einfach die Anordnung mit niedrigster Energie.

Diese Erkenntnisse, die in der Fachzeitschrift Nanoscale veröffentlicht wurden erlauben uns ein besseres Verständnis davon, wie das Ketten-Verhalten Anwendung von MTB beeinflussen könnte. Dies könnte die Entwicklung biologischer Nanoroboter lenken, die Medikamente in den Körper schleusen oder einfachere chirurgische Eingriffe im Körper vornehmen. Die Magnetosomenkette der Bakterien könnte eine gerichtete Bewegung im Steuerungssystem erlauben. In dem Fall wäre die Konformation der Kette maßgebend für eine korrekte Funktion und Navigation im Körper. Nanoroboter könnten minimal invasive medizinische Eingriffe ausführen und somit Patienten Wunden durch schwere Operationen ersparen.

Dirk Honecker, zum Zeitpunkt der Experimente Wissenschaftler am ILL und jetzt bei ISIS Neutron and Muon Source sagte:  Neutronenstreuung ist eine wertvolle Methode zur detaillierten Untersuchung dieser Magnetosomen sowie anderer Materialien. Unser Kleinwinkelneutroneninstrument D33 mit seiner Fähigkeit polarisierte Strahlen zu senden erlaubt uns dank des magnetischen Moments der Neutronen die Analyse magnetischer Interaktionen sowie der Strukturen im Nanobereich. Anhand dieser neuen Informationen  kommen wir der Nutzung des Potentials dieser naturgemachten und erstaunlichen Strukturen einen Schritt näher. Unter den spannendsten Anwendungen werden die im medizinischen Bereich sein – der winzige Kompass im Innern der Bakterien könnte zur Navigation im menschlichen Körper genutzt werden und könnte Nanoroboter lenken, um Aufgaben in spezifischen Organen und Gliedmaßen auszuüben.

Danksagungen

Dieser Artikel wurde im Original in den ILL News veröffentlicht.


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