Zehn Dinge, die du nicht über Antimaterie wusstest Understand article

Antimaterie hat viele Science Fiction Geschichten inspiriert, aber diese faszinierenden Fakten zeigen, dass sie nicht nur für die Fantasie reserviert sind.

Abstrakte Abbildung von
hochenergetischen,
kollidierenden Pratikeln

GiroScience/Shutterstock.com

Im Buch Angels and Demons versucht Professor Langdon die Vatikanstadt von einer Antimaterienbombe zu retten. Und in Star Trek stellt die Kollision von Materie und Antimaterie Energie zur Verfügung um das Raumschiff Enterprise schneller als mit Lichtgeschwindigkeit voranzutreiben. Aber Antimaterie ist nicht nur das Mittel von Science Fiction – während diese Szenarien weit hergezogen sind, gibt es immer noch viele Fakten über Antimaterie, die deine Gehirnzellen kitzeln werden.

1. Antimaterie sollte die gesamte Materie des Universums vernichtet haben

Antimaterien-Partikel sind fast identisch mit ihren Materien-Gegenstücken, außer dass sie die gegensätzliche Ladung und Drehung besitzen. Materie- und Antimaterie-Teilchen werden als ein Paar produziert und wenn sie sich treffen, dann löschen sie sich sofort gegenseitig aus, nichts hinterlassend außer Energie.

Das bedeutet, dass der große Urknall die gleiche Menge an diesen Teilchen produziert und zerstört haben sollte. Also warum existieren wir in einem Universum, das fast komplett aus Materie besteht? So weit wie Physiker es erklären können, geschah dies, weil am Ende ein extra Materien-Teilchen pro jedes eine Billion (109) Materie-Antimaterie-Paar da blieb. Physiker arbeiten sehr hart daran diese Asymmetrie zu erklären.

2. Antimaterie ist näher als du denkts

Kleine Mengen von Antimaterie regnen andauernd auf die Erde nieder in Form von kosmischen Strahlungen – energetische Teilchen aus dem Weltraum. Diese Antimaterie-Teilchen erreichen unsere Atmosphäre mit einer Geschwindigkeit von weniger als einem Quadratkilometer pro Jahrhundert bis zu mehr als 10 000 pro Quadratmeter pro Sekunde. Wissenschaftler haben auch Beweise gefunden für die Produktion von Antimaterie über Wirbelstürmen.

Materie- und Antimaterie-
Atommodelle zeigen die
Teilchen und ihre jeweiligen
Ladungen

chromatos/Shutterstock.com

Aber anderen Antimaterien-Quellen sind sogar näher zuhause. Zum Beispiel geben Bananen ein Positron frei – das Antimaterie-Äquivalent eines Elektrons – ungefähr alle 75 Minuten. Dies passiert, weil Bananen eine kleine Menge an Kalium-40 beinhalten, ein natürlich vorkommendes Isotop von Kalium. Wenn Kalium-40 zerfällt, spuckt es ab und zu ein Positron bei diesem Prozess aus.

Unser Körper enthält auch Kalium-40, dies bedeutet das Positronen auch von uns ausgesendet werden. Da Antimaterie sofort ausgelöscht wird beim Kontakt mit Materie, sind diese Antimaterie-Teilchen also sehr kurzlebig.

3. Menschen haben nur eine kleine Menge von Antimaterie hergestellt

Materie-Antimaterie Annihilationen haben das Potential eine große Menge an Energie freizusetzen. Ein Gramm Antimaterie könnte eine Explosion der Größe einer Nuklearbombe produzieren.

Wissenschaftler stellen Antimaterie in Experimenten her, aber die hergestellte Menge ist winzig. Alle Antiprotonen, die am Fermilab Tevatron Teilchenbeschleuniger hergestellt werden (jetzt nicht mehr aktiv) summierten sich nur auf 15 Nanogramm, und CERN’s bisher nur auf ungefähr 1 Nanogramm.

Das Problem liegt in der Effizienz und Kosten der Produktion und Speicherung der Antimaterie. Die Herstellung von 1 Gramm Antimaterie würde ungefähr 25 Millionen an Milliarden Kilowatt-Stunden an Energie und über eine Million an Milliarden US-Dollar kosten.

4. Es gibt so etwas wie eine Antimaterienfalle

Um Antimaterie zu erforschen, muss man es daran hindern von Materie annihiliert zu werden. Wissenschaftler machen dies, indem sie die geladenen Teilchen, wie Positronen und Antipositrone, in Geräten festhalten, die Aufstallungsfallen genannt werden. Diese Fallen sind vergleichbar mit kleinen Beschleunigern. Innen drin, wirbeln Teilchen als Magnete herum und elektrische Felder halten sie davon ab mit der Wand der Falle zu kollidieren.

Allerdings funktioneren Aufstallungsfallen nicht bei neutralen Teilchen, wie zum Beispiel Antihydrogen. Weil sie keine elektrische Ladung besitzen, können sie nicht von elektrischen Feldern eingefangen werden. Stattdessen werden sie in Ioffe-Fallen gehalten, welche die Vorteile von den magnetischen Eigenschaften der Teilchen ausnutzen. Ioffe-Fallen funktionieren, indem sie eine Raumregion herstellen, wo die magnetischen Felder in alle Richtungen größer werden. Die Partikel werden angezogen von den Bereichen mit dem schwächsten magnetischen Feld, genauso wie eine Murmel die in einer Kugel rollt schlussendlich den Boden erreicht.

5. Antimaterie könnte abfallen

Antimaterie- und Materie-Teilchen haben die gleiche Masse, aber unterscheiden sich in Eigenschaften wie elektrische Ladung und Drehung. Das Standardmodell – die Theorie, die am besten die Partikel und ihre Interaktionen beschreibt – sagt hervor, dass Gravität den gleichen Effekt auf Materie und Antimaterie haben sollte; dennoch muss sich das erst zeigen. Experimente am CERN, wie AEGIS, ALPHA und GBAR, versuchen dies herauszufinden.

Den Effekt von Gravität auf Antimaterie zu beobachten ist nicht so einfach wie einen Apfel beim Runterfallen vom Baum zuzuschauen. Diese Experimente müssen Antimaterie in einer Falle halten oder es verlangsamen durch das Runterkühlen zu Temperaturen gerade über 0 Grad. Und weil Gravität die schwächste der fundamentalen Kräfte ist, müssen Physiker die ungeladenen Antimaterie-Teilchen in diesen Experimenten nutzen, um Interferenz von den viel stärkeren elektrischen Kräften zu verhindern.

6. Antimaterie wird in Teilchenbeschleunigern erforscht

Du hast von Teilchenbeschleunigern gehört, aber wusstest du, dass es auch Teilchen-Entschleuniger gibt? CERN besitzt eine Maschine die Antiproton-Entschleuniger heißt, ein Speicherring der Antiprotonen einfangen und verlangsamen kann, um ihre Eigenschaften und Verhalten zu studieren.

In kreisförmigen Teilchen-Beschleunigern, wie der große Hadronen-Speicherring, bekommen Teilchen jedes Mal einen Schuss an Energie, wenn sie eine Rotation beendet haben. Entschleuniger arbeiten rückwärts; anstatt einem Energieschub bekommen die Teilchen einen Rückschlag, um ihre Geschwindigkeit zu verringern.

Die Antiprotonen-Entschleuniger am CERN bremsen Antiprotonen bevor sie sie zu verschiedenen Experimenten senden, um die Antimaterie zu studieren.
Maximilien Brice/CERN

7. Neutrinos könnten ihre eigenen Antiteilchen sein

Ein Materien-Teilchen und sein Antimaterien-Partner tragen gegensätzige Ladungen, welche sie einfach zu unterscheiden machen. Neutrinos – fast massenlose Teilchen, die selten mit Materie interagieren – haben keine Ladung. Wissenschaftler glauben, dass sie Majorana-Teilchen sein könnten, eine hypothetische Klasse von Teilchen, die ihre eigenen Antiteilchen sind.

Um festzustellen, ob dies der Fall ist schauen sich Wissenschaftler den sogenannten neutrinolosen Doppelbeta-Zerfall an. Manche radioaktiven Kerne zerfallen gleichzeitig und geben dabei zwei Elektronen und zwei Neutrinos frei. Falls Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen wären, dann würden sie in der Nachwirkung des Doppelzerfalls einander annihilieren und Wissenschaftler würden nur Elektronen beobachten.

Das Finden von Majorana-Neutrinos würde helfen zu erklären, warum Materie-Antimaterie-Asymmetrie existiert. Physiker vermuten, dass Majorana-Neutrinos entweder schwer oder leicht sein können. Die Leichten existieren heute und die Schweren haben wahrscheinlich direkt nach dem Urknall existiert. Diese schweren Majorana-Neutrinos müssten asymmetrisch zerfallen sein, dabei einen kleinen Überschuss an Materie hinterlassend, die es uns erlaubte, dass unser Universum existiert.

8. Antimaterie wird in der Medizin genutzt

Positrons-Emissions-Tomographie benutzt Positronen, um hochauflösende Bilder des Körpers zu produzieren. Positron-emittierende radioaktive Isotope (wie die in Bananen) sind mit chemischen Substanzen verknüpft, wie Glukose, die auf natürlicherweise vom Körper genutzt werden. Dieses Präparat wird in den Blutkreislauf gespritzt, wo es natürlich abgebaut wird und Positronen freilässt, die auf die Elektronen im Körper treffen. Diese Teilchen annihilieren einander und produzieren dabei Gammastrahlungen die genutzt werden, um Bilder rekonstruieren.

Ärzte können bereits Tumore mit präzisen Protonenstrahlen abzielen, die ihre Energie nur nach dem Durchdringen von gesundem Gewebe freilassen. Aber Wissenschaftler, die am CERN´s Antiproton-Zellexperiment (‘CERN’s antiproton cell experiment (ACE))mitarbeiten haben stattdessen die Effektivität und die Nützlichkeit von Antiprotonen studiert, die einen Extraschub an Energie addiert. Die Technik wurde in Hamsterzellen effektiv genutzt, aber Wissenschaftler müssen die Studien noch in humanen Zellen durchführen.

Beim CERN Antiproton-Zellexperiment dringt ein Teilchenstrahl in ein Rohr mit Zellen im Zentrum eines Tanks, um die Nutzung von Antimaterie bei der Behandlung von Krebs zu untersuchen.
Maximilien Brice/CERN

9. Übriggebliebene Antimaterie könnte immer noch im Weltall schlummern

Um das Problem der Antimaterie-Materien-Asymmetrie zu lösen, suchen Wissenschaftler nach übriggebliebener Antimaterie vom Urknall. Sie suchen nach diesen Teilchen mithilfe des alpha-magnetischen Spektrometers (AMS), ein Teilchendetektor auf der internationalen Weltallstation.

Die AMS enthält magnetische Felder, die den Weg der Kosmos-Teilchen verbiegen, um Materie von Antimaterie zu trennen. Seine Detektoren werten und identifizieren die Teilchen, wenn sie durchfliegen.

10. Antimaterie könnte Raumschiffe betanken

Nur eine handvoll Antimaterie könnte eine riesige Menge an Energie produzieren, welches es ein beliebtes Treibstoff für zukünftige Fahrzeuge in Science Fiction macht.

Antimaterien-Raketenantrieb ist hypothetisch möglich, aber derzeit ist keine Technologie verfügbar, um die Antimaterie in dem benötigten Volumen in Massen zu produzieren oder zu sammeln. Eines Tages, wenn wir einen Weg gefunden haben, um genügend Antimaterie herzustellen oder zu sammeln, dann können Antimaterien-angetriebene interstellare Reisen Realität werden.

Acknowledgement

Dieser Artikel ist reproduziert mit der freundlichen Genehmigung des Symmetry-Magazinsw1,in dem es als Original publiziert wurde.


Web References

  • w1 – Symmetry-Magazin ist eine kostenlose Online-Zeitschrift, die Teilchenphysik abdeckt. Es wurde gemeinschaftlich vom Fermi National Beschleuniger Labor und vom SLAC Nationales Beschleuniger-Labor (USA) gegründet. Um den Original-Artikel zu sehen, besuche die Symmetry website.

Author(s)

Diana Kwon ist eine freiberufliche Wissenschaftsjournalistin lebend in Berlin, Deutschland. Ihre Arbeit ist in zahlreichen Ausgaben des Scientific American, Quartz und New Scientis in Druck und online erschienen.

Review

Dieser Artikel stellt einen guten Einblick in die Antimaterie dar, gibt Beispiele wie wichtig Antiteilchen sind für unser Leben und wie sie umso wichtiger für unsere Gesellschaft werden können. Es versucht die Antimaterie näher in unsere Alltags-Existenz zu bringen, indem es zeigt wie kleine Antiteilchen auf der Erde um uns herum produziert werden, sogar von uns selbst.

In einem Stil geschrieben, der weiteres Erforschen stimuliert, stellt dieser Artikel nicht nur einen guten Startpunkt für Themen über Teilchenphysik dar, sondern kann auch genutzt werden um Diskussionen unter Schülern anzureizen. Schüler können betrachten wie Science Fiction und Wissenschaft interagieren – und welches das andere vorgreift – und der Artikel kann mit nicht-wissenschaftlichen Disziplinen verknüpft werden, sowie Geschichte, Literatur und Kunst.

Marco Nicolini, Physik-, Mathematik- und Astronomie-Lehrer, Wissenschaftsjournalist, Europäische Schule von Brüssel II, Belgien.

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