Ist da draußen jemand? Die Wiege des Lebens Teach article

Übersetzt von Thomas Auer. Ein gewaltiger Meteoriteneinschlag gefolgt von einem Steinhagel vom Mars – kam so das Leben auf die Erde? Cornelia Meyer nimmt uns mit auf eine Reise durch die Lithopanspermie-Theorie und beschreibt, wie sie Ihr mit der Hilfe einiger Studenten auf den Grund gehen…

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Marsbild, mit freundlicher Genehmigung
der NASA. Bild der Erde mit freundlicher
Genehmigung des Deutschen Zentrums
für Luft- und Raumfahrt.

Am 7. August 1996 gaben Wissenschaftler der NASA bekannt, dass sie Strukturen im vom Mars stammenden Meteoriten ALH84001, entdeckt in Allan Hills in der Antarktis, gefunden hatten, die wie mikroskopisch kleine, fossile Bakterien aussahen. Obwohl sich die Wissenschaftler über die Aussagekraft des Allan-Hills-Meteoriten streiten, bleibt die Frage, ob es Leben auf dem Mars gegeben hat oder nicht?

Wenn Kometen und Asteroiden auf Planeten einschlagen, so können dadurch Gesteinsbrocken losgelöst und ins All geschleudert werden. Manchmal – so geschehen beim Allan-Hills-Meteoriten – landen diese dann auf anderen Planeten als Meteoriten (siehe Glossar). Dies hat zu wilden Spekulationen geführt. Könnten die ersten Lebensformen nicht auf der Erde sondern auf dem Mars entstanden sein; oder vielleicht einem noch weiter entfernten Planeten? Wenn dies der Fall wäre, könnten Meteoriten dann das Leben auf die Erde transportiert haben?

Im Jahr 2007 haben drei weitere Doktoranden – Ralf Moeller, Thomas Berger und Jean-Pierre de Vera – und ich uns dazu entschlossen , dieser Idee, bekannt als die Lithopanspermie-Theorie, in drei Schritten auf den Grund zu gehen (siehe Bild oben):

  1. Das Ausbringen lebendiger Organismen in den Weltraum an Bord eines Meteoriten.
  2. Der Effekt von Raumfahrt auf lebende Organismen.
  3. Deren Überleben beim Eintritt in die Erdatmosphäre und beim Landen.

Die Lithopanspermie-Theorie – so fest wie Stein?

Hochauflösendes Scanning
Elektronenmikroskop-Bild. Zu
sehen ist eine ungewöhnlich
röhrenartige Struktur mit einem
Durchmesser geringer als 1/100
eines menschlichen Haares.
Möglicherweise handelt es sich
dabei um die Überreste
extraterrestrischer Bakterien, die
auf dem wahrscheinlich vom
Mars stammenden Meteoriten
ALH84001 gefunden wurden

Mit freundlicher Genehmigung der NASA

Die Lithopanspermie-Theorie (aus dem Griechischen: lithos = Fels, pan = alles, sperma = Samen) wurde 1903 vom schwedischen Wissenschaftler Svante Arrhenius vorgeschlagen. Obwohl die Theorie keine breite Anerkennung findet, so gibt es doch einige Fakten, die sie stützen:

  • Die Existenz von Mond- und Marsmeteoriten auf der Erde
  • Das Vorkommen von organischem Material und (möglicherweise) mikrobischer Fossilien auf dem Alan Hills Meteoriten (siehe Bild)
  • Die Tatsache, dass große Kometen oder Asteroiden, die auf einem Planeten einschlagen, Felsbrocken aus der Oberfläche mit ausreichend Geschwindigkeit loslösen, so dass diese die Anziehungskraft des Planeten überwinden und aus der Atmosphäre austreten können (wie z. B. Meteoriten)
  • Die Fähigkeit von Bakteriensporen die Druckwelle zu überleben, die bei solch einem Einschlag entsteht
  • Die Widerstandskraft von Mikroorganismen gegen UV-Strahlung bei niedrigen Temperaturen so wie sie im Weltall herrschen
  • Das Überleben von Bakteriensporen in Bernstein oder Salz für Millionen von Jahren
  • Das Überleben von Bakteriensporen im Weltall über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren hinweg
  • Die palaeogeochemischen Beweise für altertümliche mikrobische Ökosysteme auf der Erde, die nur 400 Millionen Jahre Evolution zwischen einfachen Vorläufermolekülen und zellulärem Leben lassen.

Glossar

Asteroiden: Einer der zahlreichen kleinen Gesteinsbrocken in der Umlaufbahn um die Sonne. Die meisten Asteroiden sind im „Hauptgürtel“ zwischen Mars und Jupiter zu finden wobei einige eine Umlaufbahn besitzen, die die der Erde kreuzt und auf der Erde einschlagen könnten.

Komet: Ein primitiver Eiskörper, der ursprünglich aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems stammt und sich auf einer eliptischen Umlaufbahn um die Sonne befindet. In der Nähe der Sonne verdampft eisiges Material und ein glühender Schweif entsteht.

Meteorit: Ein extraterrestrischer Gesteinsbrocken, der auf der Erde eingeschlagen ist. Die meisten Meteoriten sind Teile von Asteroiden und bestehen aus Gestein, Gestein und Eisen oder nur Eisen.

Meteoroid: Ein kleiner fester Körper, der sich durch den interplanetaren Raum bewegt. Nach dem Einschlag auf die Erde wird er als Meteorit bezeichnet.

1. Die Reise beginnt

Cornelia Meyer, Ralf Moeller
und Jean-Pierre de Vera

Mit freundlicher Genehmigung
von Cornelia Meyer

Als Teil unserer Master- und PhD-Arbeiten testeten wir die Durchführbarkeit des ersten Schritts: der Ausstoß, bei dem lebendiges Material durch einen Meteoriteneinschlag ins All geschleudert wird (Horneck et al, 2008; Stöffler et al, 2007). Um diesen Vorgang zu simulieren, nahmen wir zwei Felsscheiben, die ähnliche Beschaffenheit wie Marsgestein hatten, trugen eine Schicht von Mikroorganismen zwischen beide auf, platzierten dieses „Sandwich“ in einen Eisenzylinder und sprengten ihn mit TNT in die Luft.

Wir hatten gute Gründe bei diesem Experiment Mikroorganismen zu verwenden. Auf der Erde ist nur von Mikroben bekannt, dass sie unter extrem feindlichen Bedingungen überleben. Somit ist es bei ihnen am wahrscheinlichsten, dass sie die Prozedur überleben. Des Weiteren sind sie als einfache Organismen wohl den möglichen frühen Lebensformen auf dem Mars am ähnlichsten. Bei den Mikroorganismen, die für das Experiment ausgewählt wurden handelte es sich um bakterielle Sporen, Cyanobakterien und Lichen, die innerhalb oder auf Gestein leben und von denen bekannt ist, dass sie simulierte Weltraumbedingungen überleben können.

Auch die verwendeten Gesteine wurden mit Bedacht gewählt. Um festzustellen, ob ein Meteorit wirklich vom Mars stammt, wird seine Zusammensetzung mit Gesteinen der Marsoberfläche verglichen. Die am häufigsten auf der Erde gefundenen Meteoriten vom Mars werden als basaltische Shergottiten bezeichnet und sind durch vulkanische Aktivität entstanden. Für unser Experiment wurde deshalb Basalt verwendet: frei verfügbar auf der Erde zu finden und dem Marsgestein sehr ähnlich.

In wiederholten Versuchen wurden die Mikroorganismen durch TNT Explosion Drücken zwischen 50 000 und 500 000 Bar ausgesetzt. Diese entsprechen den Bedingungen, die von einem Meteoriteneinschlag auf dem Mars verursacht werden würden, Krater von mehr als 75 km Durchmesser erzeugen und Marsgestein ins Weltall schleudern könnten. Die Kompression der Verpuffung setzte die Mikroorganismen weiterhin Temperaturen von bis zu 1000 °C aus. Obwohl man annehmen sollte, dass solche Bedingungen sämtliches Leben vernichten, überlebten bei 400 000 Bar (das 400 000-fache des normalen Luftdruck) 0,02% der Mikroorganismen.

Heutzutage reichen die Temperaturen auf dem Mars von -143°C an den Polen bis zu +27°C am Äquator. Obwohl der frühe Mars wärmer gewesen wäre als der heutige so wäre er dennoch schneller abgekühlt als die Erde, da er seine Atmosphäre verloren hat. Das bedeutet, dass zu der Zeit als der vermeintliche Transfer von Leben vom Mars zur Erde stattgefunden haben könnte (bis zu 20 Millionen Jahre vor heute), Mars bereits die heutigen, niedrigen Temperaturen erreicht hätte. Aus diesem Grund führten wir das Experiment ein zweites Mal durch – diesmal mit Bedingungen die eher denen des Mars entsprachen. Wir kühlten die Apparatur mir Trockeneis (festem CO2) auf eine Temperatur von -80 °C herunter, bevor wir sie in die Luft sprengten und fanden heraus, dass einige Mikroorganismen selbst bei 500 000 Bar überlebten. Im vorhergehenden, ungekühlten Experiment hatte bei diesem Druck nichts überlebt.

Während des Experiments waren die Mikroorganismen nur für wenige Mikrosekunden den hohen Temperaturen und Drücken ausgesetzt – ähnlich einem wirklichen Meteoriteneinschlag auf dem Mars. Dies könnte der Schlüssel für ihr Überleben gewesen sein. Somit scheint der erste Teil der Lithopanspermie-Theorie plausibel zu sein: Lebewesen auf Gesteinsbrocken können den Ausstoß ins Weltall überleben.

Einzelne Felder mit Experimenten
ähnlich dem geplanten künstlichen
Meteoriten auf der Außenseite der ISS

Mit freundlicher Genehmigung von
Cornelia Meyer

2. Raumfahrt: der ESA SUCCESS Studentenwettbewerb

Als nächstes entschlossen wir uns dazu, für die Beantwortung der zweiten Frage der Lithopanspermie Hypothese, ob Lebewesen die extreme Kälte, kosmische Strahlung und die Abwesenheit von Luft während eines langen Aufenthaltes im Weltraum überhaupt aushalten können, an einem Wettbewerb teilzunehmen. Beim SUCCESS Studentenwettbewerbw1, der von der Europäischen Raumfahrtbehörde (ESA) durchgeführt wird, wurde die Möglichkeit geboten sich an einem Experiment an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) im November 2009 zu beteiligen.

Seit den 80er Jahren haben verschiedene Experimente gezeigt, dass Mikororganismen das Potential besitzen im Weltraum zu überleben (z.B. Mileikowsky et al, 2000). Wie auch immer – die Mikroorganismen bei diesen Experimenten waren immer entweder von der kosmischen Strahlung abgeschirmt (durch einen Aluminiummantel) oder verbrachten nur wenige Tage im All. Aber wie lange könnten sie wirklich im All überleben? Um eben dieser Frage des Effekts von Weltraumbedingungen auf lebende Organismen nachzugehen möchten wir uns die ISS zu Nutze machen.

Wir schlugen vor, einen künstlichen Meteoriten, der zuvor mit Mikroorganismen bevölkert und mit Temperatur- sowie Sensoren für die kosmische Strahlung ausgerüstet war, zu verwenden. Dazu wird ein Brocken Basalt in acht Scheiben geschnitten und Löcher für die Mikroorganismen und Sensoren gebohrt. Die Löcher werden anschließend mit Gestein versiegelt und die Scheiben wieder zu einem luftdichten Ganzen zusammengefügt. Dieser künstliche Meteorit wird dann zur ISS transportiert, auf einer Aluminiumplatform außerhalb der Station befestigt und für sechs Monate den Weltraumbedingungen ausgesetzt. Als Kontrolle bleibt ein zweiter künstlicher Meteorit auf der Erde zurück.

Sobald der Meteorit zur Erde zurückkehrt, werden die beiden Biologen Ralf und Jean-Pierre die Überlebensrate der Mikroorganismen bestimmen und diese auf physiologischen Veränderungen, bedingt durch den Weltraumaufenthalt, hin untersuchen. Als der Mineralologe im Team werde ich den Einfluss der Weltraumwitterung auf den künstlichen Meteoriten feststellen. Unter Weltraumwitterung versteht man hierbei allgemein alle Prozesse wie kosmische Strahlung, Solarwinde und Meteoritenbeschuss, die auf Gegenstände im Weltraum einwirken. Des Weiteren werden wir die physikalischen Eigenschaften der beiden künstlichen Meteoriten miteinander vergleichen.

Besides providing evidence that may support the lithopanspermia theory, these results could supply information about the effect of space weathering on the optical properties of rock. These properties are important for the observation of asteroids, as optical spectroscopy is used to determine their elemental composition. Knowing more about the effects of space weathering, therefore, could help scientists to determine whether meteorites found on Earth and asteroids observed in space come from the same parent bodies.

3. Ein neues Experiment? Die weiche Landung

Ein Meteoriteneinschlag auf der Erde
Mit freundlicher Genehmigung
von iStockphoto

Selbst wenn die ersten beiden Teile der Lithopanspermie-Theorie einleuchtend klingen – Mikroorganismen können den Austritt auf ihrem Heimatplaneten und eine lange Weltraumreise überstehen – können sie dann überhaupt auf einem anderen Planeten überleben? Astrobiologen am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt gehen davon aus, dass Mikroorganismen, die auf der Erde heimisch sind für einige Zeit auf dem Mars überleben könnenw2. Daraus könnte man ableiten, dass auch Lebensformen vom Mars auf der Erde überleben könnten, vorausgesetzt sie würden den Aufprall auf der Erdoberfläche überleben. Wie auch immer, so weit wissen wir sehr wenig darüber, was passieren würde, wenn ein Meteorit mit lebenden Organismen auf der Erde landen würde. Nichtsdestrotrotz liegen uns einige Daten vor, die Anlass zu Spekulationen bieten.

Wenn Objekte mit großer Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre eintreten, wird ihre Oberfläche auf Grund der Reibung sehr hohen Temperaturen ausgesetzt. Obwohl jedoch die Temperatur in der äußeren Schicht des Meteoriten ausreicht um diesen zum Schmelzen oder gar zum Vaporisieren zu bringen, so bleibt die Temperatur im Inneren nahe den -273 °C (0 K) die im All herrschen.

Sehr oft brechen Meteoriten dann auseinander, wenn sie am Erdboden aufschlagen. Sollten Organismen im Inneren des Meteoriten – geschützt vor den sehr hohen Temperaturen in der äußeren Schicht – überlebt haben, so würden sie nun freigesetzt und könnten beginnen die Erde zu bevölkern. Sie würden erst einen Temperaturschock erleben; von den -273 °C im Kern des Meteoriten zu den milden Erdtemperaturen; aber von Mikroorganismen ist bekannt, dass sie drastische Temperaturwechsel überstehen können.

Der Beweis für Lithopanspermie?

Obwohl Mikroorganismen in der Lage sein könnten alle drei beschriebenen Schritte der Lithopanspermie-Theorie zu überleben, so ist dies dennoch kein Beweis dafür, dass Leben auf der Erde extraterrestrischen Ursprungs ist. Vor allem wissen wir bis heute nicht, ob Leben außerhalb unseres Planeten überhaupt existiert – die Suche geht weiter. Und Spekulationen über unsere Herkunft ebenso.

 

Der ESA SUCCESS Wettbewerb

SUCCESS, the Space station Utilisation Contest Calls for European Student initiatives durchgeführt von der ESAw1 zielt darauf ab, Studenten von heute zu Benutzern der Internationalen Raumstation (ISS) von morgen zu machen. Studenten europäischer Universitäten bis hin zum Master oder einem entsprechenden Abschluss aller Disziplinen sind eingeladen, ein Experiment vorzuschlagen, das an Bord der ISS durchgeführt werden soll.

Beim ersten Preis handelt es sich um ein einjähriges Praktikum am ESA Weltraumforschungs und –technologie Zentrum ESTEC in den Niederlanden. Den Gewinnern wird es möglich sein an ihrem Experiment zu arbeiten, welches dann an Bord der ISS transportiert werden wird.

Der Wettbewerb ist aktuell für keine weiteren Teilnehmer geöffnet. Ein neuer Durchlauf des SUCCESS Wettbewerbs ist für 2010 geplant.


References

  • Horneck G et al (2008) Microbial rock inhabitants survive impact and ejection from host planet: first phase of lithopanspermia experimentally tested. Astrobiology 8: 17-44
  • Mileikowsky C et al (2000) Natural transfer of viable microbes in space. Part 1: From Mars to Earth and Earth to Mars. Icarus 145: 391-427
  • Stöffler D et al (2007) Experimental evidence for the potential impact ejection of viable micro-organisms from Mars and Mars-like planets. Icarus 186: 585-588

Web References

Resources

Institutions

Author(s)

Als die Gruppe mit ihren Experimenten begann, arbeitete Cornelia Meyer für ihren Masterabschluss in Mineralogie am Museum für Naturgeschichtew3 in Berlin, Deutschland. Ralf Möller (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR) und Jean-Pierre de Vera (Universität Düsseldorf, Deutschland) arbeiteten an ihren Doktorarbeiten in Biologie und Thomas Berger am DLR an seiner Doktorarbeit in Physik. Cornelia arbeitet nun an ihrer Doktorarbeit, während die anderen

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